Kinderfachabteilungen

Mit einem Runderlass vom 18. August 1939 (RdErl. des RdI vom 18.8.1939 -, IV b 3088/39 – 1079 MI) verpflichtete das Reichsministerium des Innern Hebammen und geburtshilfliche Ärzte zur Meldung von Kindern im Alter bis zu drei Jahren an die zuständigen Gesundheitsämter, wenn diese an einer geistigen oder körperlichen Behinderung litten. Ziel der Maßnahme sollte sein, „in entsprechenden Fällen mit allen Mitteln der ärztlichen Wissenschaft eine Behandlung der Kinder durchzuführen… Die hierdurch entstehenden Ausgaben werden sich reichlich lohnen, da bei einer Behebung des Schadens - und sei es auch nur in wenigen Fällen - wesentliche Ersparnisse an späteren Fürsorgekosten zu erwarten sind.“ Die Eltern wurden über das  tatsächliche Vorhaben getäuscht.

Die Meldung ging an den eigens geschaffenen Reichsausschuss zu Erfassung erb- und anlagebedingter schwerer Leiden. Dort fiel die Entscheidung über die  Einweisung des jeweiligen Kindes in eine der „Kinderfachabteilungen“ verschiedener psychiatrischer Anstalten. Der zuständige Amtsarzt informierte dann die  Eltern. In den Kinderfachabteilungen wurden die Kinder zunächst beobachtet und danach fast immer durch schrittweisen Entzug der Nahrung oder  Vergiften mit Medikamenten getötet.

Das System der Kinderfachabteilungen diente ausschließlich der Erfassung, Begutachtung und gegebenenfalls Ermordung von Kindern, die sich in häuslicher Betreuung befanden. Kinder, die sich in einer Pflege- oder Betreuungseinrichtung aufhielten, wurden im Rahmen der Gasmorde erfasst.